Kaninchen sind aufgeweckte, neugierige und sensible Tiere, die gerne im kühlen Sand buddeln, mit ihren Freunden spielen und im Gras herumspringen. In der Fleischindustrie können sie diesen natürlichen Bedürfnissen jedoch nicht nachgehen.
Die Haltung, Aufzucht und Tötung von Kaninchen in der Fleischindustrie war lange Zeit im Detail nicht gesetzlich geregelt. Erst seit 2014 gibt es gesetzliche Mindestanforderungen – doch ähnlich wie die Anforderungen für Schweine- und Hühnerhaltungen ermöglichen diese Bestimmungen kein artgerechtes Leben für die Kaninchen.
Hinzu kommt ein weiteres großes Problem in der Kaninchenmast: private Züchter:innen. Aufgrund der weit verbreiteten Hobbyhaltung von Kaninchen kann kaum kontrolliert werden, ob gegen die minimalen Vorgaben verstoßen wird. Wie viele Kaninchen ihres Fleisches wegen in Deutschland gezüchtet und gemästet werden, wird bislang nicht offiziell erfasst. Schätzungen zufolge soll es sich aber um mehrere Zehntausend Tiere handeln.
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Kaninchenfleisch: Haltung, Produktion, Gesetze und Zahlen
Vor dem 11. August 2014 gab es lediglich unverbindliche Richtlinien, die von den Zucht- und Kaninchenhalterverbänden selbst bestimmt wurden. Seitdem wurden zwar gesetzliche Mindestanforderungen für die Kaninchenhaltung festgelegt, doch sie reichen bei Weitem nicht aus, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Sogar die Haltung in Käfigen mit Gitterböden ist weiterhin erlaubt. Am Ende eines entbehrungsreichen Lebens folgt für die Kaninchen der Tod im Schlachthaus.
Zahlen zu Produktion und Verkauf lassen sich kaum erfassen
Im Gegensatz zum Fleisch anderer Tierarten wird Kaninchenfleisch mit etwa 34 Prozent zu einem Großteil in Hobbyhaltung produziert und über den Direktverkauf angeboten. [1] Dies erschwert es, regelmäßig aktuelle Daten über gehaltene und getötete Tiere zu erfassen.
Als Hauptproduktionsländer der EU gelten Spanien, Frankreich und Italien. Doch auch in Deutschland werden Schätzungen zufolge jedes Jahr etwa 15 Millionen Kaninchen wegen ihres Fleisches in „Hinterhofschlachtungen“ und Schlachthöfen getötet – weniger als 25 Prozent des Kaninchenfleischs werden in industriellen Mastbetrieben produziert. [1] China ist der größte Kaninchenfleischproduzent der Welt und Hauptlieferant von Kaninchenfleisch in die EU. Insgesamt machen EU-Importe jedoch nur einen kleinen Prozentsatz des gehandelten Kaninchenfleisches aus. [1]
Fakten zur Zucht und Mast: Millionen Kaninchen werden jährlich in Deutschland getötet
Nach Angaben der Bundesregierung von 2010 werden über 41.000 Tonnen Kaninchenfleisch in Deutschland konsumiert – das entspricht etwa 30 Millionen Tieren. [2] Der Großteil davon, etwa 33.000 Tonnen, wird in Deutschland produziert. Die Angabe in Tonnen macht erneut deutlich: Die Tiere zählen nicht als Individuen, sondern werden zum Produktionsfaktor degradiert.
Wie in der Schweinehaltung wird auch bei Kaninchen zwischen Zucht und Mast unterschieden. Während weibliche Tiere in der Zucht möglichst viele Jungen zur Welt bringen müssen, sollen Kaninchen in der Mast so schnell wie möglich viel Fleisch ansetzen.
Die kommerzielle Kaninchenfleischproduktion ist in der EU weitgehend standardisiert. Für Tierein der deutschen Mast und Zucht gilt:
- Der gesamte „Produktionszyklus“ dauert bis zu 80 Tage. Wenn Kaninchen im Gegensatz dazu als tierische Mitbewohner gehalten werden, können sie bis zu 14 Jahre alt werden. Auch Wildkaninchen erreichen in der Natur ein Alter von bis zu 9 Jahren.
- Die Kaninchen werden in der Regel mit etwa 32 Tagen entwöhnt. Junge Kaninchen brauchen jedoch bis zu drei Monate lang Kontakt zu erwachsenen Tieren, um ein natürliches Sozialverhalten von ihnen zu lernen.
- Die künstliche Besamung ist die Norm. Weibliche Kaninchen werden zehn Tage nach der Geburt ihrer Babys erneut künstlich besamt. Somit sind sie etwa 8,5 Mal im Jahr schwanger und gebären jedes Mal sieben bis acht Kinder, die ebenfalls in der Mast und Zucht zum Einsatz kommen.
- Die durchschnittliche Lebenserwartung eines weiblichen Kaninchens in der Zucht beträgt 11 Monate – ihre natürliche Lebenserwartung von mehreren Jahren erreichen sie damit nicht annähernd. [1]
Kaninchen leiden in der Zucht und Mast unter Haltungsbedingungen
Trotz gesetzlich festgelegter Mindestanforderungen ist die Käfighaltung von Kaninchen weiterhin erlaubt. Per Gesetz stehen Kaninchen in der Zucht nur 0,6 Quadratmeter und in der Mast sogar nur 0,3 Quadratmeter zur Verfügung – also nicht einmal 2,5 bzw. 1,5 DIN-A4-Seiten pro Tier. [3]
Es sind lediglich Rückzugs- und dürftige Beschäftigungsmöglichkeiten vorgeschrieben, die jedoch viel zu klein sind und nie von allen Tieren gleichzeitig genutzt werden können. Durch chronische Langeweile und Platzmangel verletzen sich die Tiere oft gegenseitig oder selbst. Ihr Bewegungsapparat verkümmert, meist werden sie ihr Leben lang auf Gitterböden gehalten – schmerzlich entzündete Pfoten, Wirbelsäulenverkrümmungen und Gelenkprobleme sind die Folge. Tausende Tiere sitzen in großen Hallen, Käfig an Käfig – eine ähnlich grausame Praxis wie die Käfighaltung von Hühnern. Aufgrund der großen Menge an Ausscheidungen unter den Käfigen ist die Luft ammoniakverseucht und von sehr schlechter Qualität. Viele Kaninchen leiden daher an Atemwegserkrankungen und Augenentzündungen. In solchen Verhältnissen haben die bewegungsfreudigen Tiere keinerlei Möglichkeit, ihren natürlichen Bedürfnissen nachzugehen – dazu gehören weite Sprünge, tiefes Buddeln und die ausgiebige Suche nach gesunder Nahrung.
Auch in der Privathaltung leiden die Tiere meist unter schlechten Lebensbedingungen und sitzen alleine in winzigen, verdreckten Holzkäfigen – Reihe an Reihe. Kaninchen sind soziale Tiere, für die eine Einzelhaltung extrem belastend ist. Daher ist auch als „regional“ angebotenes Kaninchenfleisch mit großem Tierleid verbunden, und Konsument:innen sollten sich von solchen Werbeslogans nicht täuschen lassen.
Kaninchen werden qualvoll getötet
In der Zucht wird ein weibliches Kaninchen nach etwa einem Jahr im Schlachthaus getötet – sofern sie nicht vorher stirbt. Nach dieser Zeit ist sie entweder krank, oder die Zahl ihrer Nachkommen verringert sich, sodass sie aus Profitgründen ersetzt wird. [4] Während der einjährigen Zucht bringt sie ununterbrochen Kinder zur Welt, da ihr natürlicher von den Jahreszeiten bestimmter Geburtszyklus durch künstliche Lichtprogramme gestört wird. [5]
In der Mast werden die Kaninchen noch früher getötet, nämlich schon im Alter von drei bis vier Monaten. In der Natur sind sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ausgewachsen. Die jungen Kaninchen haben zum Zeitpunkt ihrer Tötung bereits ein hohes Gewicht von drei, teilweise sogar mehr als vier Kilogramm. Grund dafür sind chronischer Bewegungsmangel, ein zuchtbedingt schneller Fleischansatz und eine für die Mast ungeeignete Nahrung. Diese besteht meist nur aus energiereichen Pellets, die den empfindlichen Magen-Darm-Trakt der Tiere stören und ihr Kaubedürfnis nicht annähernd befriedigen können. Diese krankmachenden Bedingungen setzen den Tieren enorm zu, sodass die Mortalitätsraten teilweise bei 40 Prozent liegen – auch in Biobetrieben. [6]
Qualvoller Transport und grausame Tötungsmethoden
Auch der Transport der Tiere aus kommerziellen Betrieben zum Schlachthof ist eine grausame Praxis. Die Kaninchen werden hierzu in Kisten verfrachtet und unter großem Stress transportiert. Während des Transports, nicht selten auch davor und danach, erhalten die Tiere oftmals keine Nahrung. Dies ist für Kaninchen, deren Verdauung auf eine kontinuierliche Nahrungsaufnahme angewiesen ist, eine große Belastung, die sogar zum Tod führen kann. Ein gewisser Prozentsatz an Tieren, der schon vor der Tötung im Schlachthof leidvoll stirbt, ist von vorneherein einkalkuliert – ein durch und durch grausames Kalkül auf Kosten der Tiere, deren einzelnes Leben für die Industrie kaum etwas wert ist.
Die geltenden Gesetze schützen Wirbeltiere nicht vor Tierquälerei und einem qualvollen Tod, sondern bestimmen lediglich, dass sie vor dem tödlichen Blutentzug mit schmerzvollen Methoden betäubt werden müssen. Für Kaninchen sind hierfür drei verschiedene Verfahren gestattet, von denen jedes auf seine Weise grausam ist:
- In kleinen Schlachtbetrieben oder bei sogenannten Hausschlachtungen dürfen Kaninchen bis heute mit einem harten Schlag auf den Kopf „betäubt“ werden. Oftmals erleiden die Tiere dabei Kopfverletzungen oder eine Gehirnerschütterung – den späteren Schnitt durch die Kehle erleben viele jedoch bei Bewusstsein.
- In großen Schlachtbetrieben werden die sensiblen Tiere mit Strom oder mit einem Bolzenschuss ins Gehirn betäubt – auch bei diesen Methoden ist die Fehlbetäubungsrate hoch. Daneben bedeutet die Fixierung enormen Stress für die Tiere. [7]
Auch Kaninchenfleisch mit Bio-Siegel ist für Tierleid verantwortlich
Bio-Siegel verleihen Konsument:innen vielleicht ein besseres Gewissen, garantieren aber kein leidfreies Kaninchenfleisch – denn es gibt kein artgerecht oder gar human getötetes Tier. Die Produktion von Fleisch, Milch, Eiern und anderen tierischen Produkten muss für die Betriebe stets profitabel sein – und das bedeutet immer massives Leid für die Tiere. Auch wenn die Haltung in Biobetrieben marginal besser sein mag, stammt Kaninchenfleisch mit Bio-Siegel ebenfalls von Tieren, die lediglich als Ware betrachtet, möglichst profitabel gehalten und nach einem kurzen und meist qualvollen Leben getötet werden.
Kaninchen sind sensible Tiere und hinsichtlich Haltung und Ernährung sehr speziell und anspruchsvoll. Wie bei allen Tieren ist auch bei Kaninchen eine artgerechte und gleichzeitig wirtschaftliche Haltung unmöglich. Wer also Kaninchenfleisch kauft, ist in jedem Fall verantwortlich dafür, dass ein Tier unter einer nicht artgerechten Haltung gelitten hat und einen leidvollen Tod gestorben ist.
Tierleid und Missstände in der Kaninchenmast – auch in kleinen Betrieben
In der Vergangenheit wurden bei Kaninchenmästern in ganz Deutschland immer wieder gravierende Missstände dokumentiert.
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Maden und verwesende Kaninchen bei Kaninchenmäster in Niedersachsen
Im Betrieb eines niedersächsischen Kaninchenmästers in der Nähe von Lastrup wurden wiederholt Maden der Kotgrube unter den Käfigen sowie verletzte und sterbende Kaninchen beobachtet. In einem Käfig lag ein völlig verwestes Tier, auf dessen Überresten zwei Artgenossen ausharren mussten. Zwei Tiere litten unter extremen Fehlstellungen, bei denen der Kopf um 90 Grad gedreht war. Gitterböden schnitten in die empfindlichen Pfoten der Tiere, und der Gehalt von Ammoniakgas in der Einrichtung war so hoch, dass die Gesundheit der Kaninchen stark beeinträchtigt war und Atemwegserkrankungen gefördert wurden.
Wir von PETA Deutschland konfrontierten den Mann damals und zogen das Veterinäramt hinzu. Der Betreiber gab an, nur 200 Tiere und keinen Schlachtraum zu haben, doch bei den Recherchen wurden mehrere große Müllbehälter mit Kaninchenfellen und -köpfen gefunden. Das Veterinäramt zählte schließlich 1.200 Kaninchen und überführte den Betreiber, der seit Jahren illegal Fleisch auf den Markt gebracht hatte. Er war weder dem Veterinäramt bekannt, noch erfüllte er notwendige Voraussetzungen für die Haltung und Schlachtung. Das Veterinäramt verbot dem Mäster schließlich, weitere Tiere zu töten und gab ihm 14 Tage Zeit, den Betrieb einzustellen.
Auch wenn dieser Betrieb zum Glück geschlossen wurde, gibt es zahlreiche weitere legale Mastanlagen und Hobbyhaltungen mit ähnlich katastrophalen Zuständen, in denen unzählige Tiere leiden.
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Kaninchen leiden in baden-württembergischer „Welfare-Anlage“
Die Kaninchenzucht Bauer im baden-württembergischen Neuenstein bemüht sich, ihren Betrieb als eine Art „Welfare-Anlage“ zu präsentieren und Verbraucher dazu anzuregen, mit gutem Gewissen Kaninchenfleisch zu kaufen. Wie Fotos und ein Werbefilm auf der Website des Unternehmens jedoch zeigen, führen die sensiblen Tiere trotz marginaler Haltungsverbesserungen ein entbehrungsreiches Leben – denn auch diese Kaninchenhaltung muss für den Züchter schließlich profitabel sein. [8]
Über eine Whistleblower-Meldung wurden wir darüber informiert, dass Kaninchen im Betrieb der Kaninchenzucht Bauer in engen Transportboxen bei kalten Dezembertemperaturen unbeaufsichtigt auf dem Hof abgestellt worden waren. Es war für die Informanten nicht ersichtlich, wie lange die Tiere schon der Kälte ausgesetzt waren und ob sie zu einem anderen Hof oder zum Schlachthaus transportiert werden sollten. Jedoch haben die Kaninchen offenbar stark gefiept, was auf Stress und Angst schließen lässt. Wir haben den Vorfall umgehend der zuständigen Veterinärbehörde gemeldet. Aus einem Medienbericht geht hervor, dass die Behörden sofort tätig wurden und dem Betrieb Auflagen erteilten, denn das Abstellen der Tiere, vor allem bei kalten Temperaturen, ist ein tierschutzrechtlicher Verstoß. [9]
Wie ein Imagefilm des Unternehmens zeigt, ist die Kaninchenzucht Teil des „Maßnahme- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014 bis 2020“ ist. Zudem kooperiert der Betrieb mit einer Universität sowie einer großen Supermarktkette. [10]