Ungeziefer: Warum die Tiere zu Unrecht gehasst werden

Als sogenanntes Ungeziefer werden meistens Insekten wie Silberfische oder Flöhe bezeichnet, die der Mensch im Alltag als unerwünscht oder als Bedrohung wahrnimmt. Häufig werden im Internet daher „Tipps“ geteilt, wie man sogenanntes Ungeziefer im Haus oder im Garten „loswird“. Oft geht es leider darum, die als unliebsam eingestuften Tiere zu töten.

Woher der furchtbare Begriff Ungeziefer stammt, weshalb er Teil eines speziesistischen Denkmusters ist und warum wir dringend unsere Sicht auf bei Menschen unbeliebte Lebewesen überdenken müssen, lesen Sie in diesem Beitrag.

Inhalte im Überblick

Woher kommt der Begriff „Ungeziefer“?

Der Duden definiert das Wort Ungeziefer als Synonym für tierische „Schädlinge“. Als Beispiele werden Zusammenhänge wie „Ungeziefer vernichten“, „das Haus war voller Ungeziefer“ oder „Mittel gegen Ungeziefer“ angeführt. Damit sind Tiere gemeint, die der Mensch als unerwünscht oder störend wahrnimmt, weil diese sich beispielsweise in Häusern, Wohnungen und Gärten, also dem menschlichen Lebensraum, besonders wohlfühlen und hier ideale Lebensbedingungen vorfinden.

Häufig werden auch Tiere als sogenanntes Ungeziefer bezeichnet, die eigentlich harmlos sind, aber wie beispielsweise Spinnen aufgrund ihrer andersartigen Merkmale Ekel oder Angst in manchen Menschen hervorrufen.

Eine braune Assel laeuft zwischen zwei Holzbalken.
Als Ungeziefer gelten Tiere, die dem Menschen lästig erscheinen oder als Krankheitsüberträger gelten.

Welche Tiere zählen zu Ungeziefer?

Zu den sogenannten ungebetenen Gästen gehören verschiedene Tierarten, zu denen im Internet häufig Ratschläge gegeben werden, wie diese „loszuwerden“ sind.

Hier einige Beispiele von Tieren, die als Ungeziefer wahrgenommen werden, da sie aus verschiedenen Gründen häufig in Menschennähe ihren Lebensraum einrichten:

„Lästlinge“ ist ein weiterer Begriff in diesem Zusammenhang. Damit sind Tiere gemeint, die keine Vorräte essen und auch keine Krankheiten übertragen können. Dabei geht von der ausbeuterischen Tierindustrie generell ein deutlich höheres Pandemierisiko aus.

Häufig empfinden Menschen allein die Existenz einiger Tierarten schon als störend und greifen zu gefährlichen Chemiecocktails, die in der Industrie für viel Geld beworben werden – und die sowohl für Mensch, Tier als auch die Umwelt verheerende Folgen haben können und hochgiftig sind.

Eine grosse Spinne haengt in ihrem Nest an einer roten Steinwand.
Spinne
Ein brauner Nagerkaefer sitzt auf einem gelben Blatt.
Gemeiner Nagekäfer, im Volksmund auch „Holzwurm“ genannt
Eine Muecke sitzt auf der Haut eines Menschen und saugt Blut.
Mücke
Eine Wespe sitzt auf der Oeffnung einer braunen Flasche.
Wespe
Eine graue Motte spreizt die Fluegel
Motte
Ameisen laufen hintereinander entlang.
Ameise
Ein Silberfischchen laeuft an einer Bodenfuge entlang.
Silberfisch
Eine Kakerlake sitzt auf einem grauen Stein.
Kakerlake
Eine gruene Wanze haengt an einem Pflanzenstil.
Wanze

Was lockt Ungeziefer an?

Viele der genannten Tierarten mögen eine feuchte und warme Umgebung – andere suchen sich gezielt einen trockenen Unterschlupf in Ritzen oder Spalten. Müllreste oder ungenügend verpackte Lebensmittel wie Mehl oder Nüsse sowie gärendes Obst bieten eine willkommene Nahrungsquelle.

Was kann man gegen Insekten im Zimmer tun?

Mit tierfreundlichen Maßnahmen lassen sich viele der ungebetenen Gäste einfach und ohne Probleme fernhalten. Beispielsweise durch Fliegengitter, indem Ritzen und Löcher in Hauswänden geschlossen und Lebensmittel richtig gelagert werden. Essensreste sollten sofort luftdicht entsorgt werden.

Viele Insekten haben einen ausgeprägten Geruchssinn und reagieren zudem empfindlich auf intensive Gerüche. Ätherische Öle können ebenfalls dabei helfen, sogenanntes Ungeziefer fernzuhalten. Auch regelmäßiges Lüften beugt unliebsamen Gästen vor, viele Arten wie Motten, Milben und Käfer vertragen zudem keine Zugluft.

Was hat Ungeziefer mit Speziesismus zu tun?

Wir Menschen neigen dazu, andere Tiere nach unseren Maßstäben zu bewerten und sie in verschiedene Kategorien einzuteilen, wie „Nutz- und Haustiere“ oder eben „Schädlinge“. Das führt dazu, dass wir andere Arten – egal, welche faszinierenden Eigenschaften sie auch besitzen mögen – entwerten und uns ihnen überlegen fühlen. Dadurch lernen wir in der Gesellschaft von klein auf, dass es in Ordnung sei, Tiere nach menschlichem Nutzen bestimmten Zwecken zu unterwerfen.

Die damit verbundene Ausbeutung und Unterdrückung einer Spezies aufgrund ihres Nutzwertes für den Menschen nennt sich Speziesismus. Kühe geben ihre Milch jedoch nicht für den Menschen, Bienen stellen Honig her, um damit ihre Kinder und Artgenossen zu ernähren und kein Tier möchte für sein Fleisch gezüchtet, der Freiheit beraubt und häufig viel zu früh qualvoll getötet werden.

Tiere, die keinen Nutzen für den Menschen erfüllen und die wir stattdessen als störend empfinden, werden über entwertende Begriffe wie „Ungeziefer“ herabgesetzt und mit negativen Empfindungen verbunden. Oft werden Vorurteile ganz bewusst geschürt, um entsprechende, meist chemische „Vernichtungsprodukte“ leichter verkaufen zu können. Und das, obwohl alle Lebewesen einen wichtigen Teil im Ökosystem einnehmen.

Warum man die Tiere nicht Ungeziefer nennen sollte

Das Problem liegt darin, dass wir Menschen Lebewesen sofort auslöschen wollen, die wir als schädlich wahrnehmen – oder die einfach nicht in unsere Weltsicht passen. Wir neigen dazu, „süße“ und „flauschige“ Tiere mit großen Augen zu bevorzugen. Und töten gleichzeitig Milliarden andere, weil sie nicht unserem Ästhetikempfinden entsprechen.

Dabei erfüllt jede Lebensform ihren natürlichen Zweck. Statt nach Möglichkeiten zu suchen, Tiere wie Silberfische, Flöhe, Mäuse, Tauben und andere zu töten, sollten wir uns mehr darauf fokussieren, wie wir koexistieren und auf natürliche Abwehrmöglichkeiten zurückgreifen können. Einige Insekten wie beispielsweise Wespen mögen beispielsweise Gerüche mit Zitrusnoten nicht. Dafür müssen wir umdenken und von schädlichen und degradierenden Sprachgewohnheiten wie sogenanntes Ungeziefer Abstand nehmen. Denn Sprache formt unser Denken und Handeln.

Wespe haengt in einer Blume
Mehr als nur Schädlinge: „Ungeziefer“ sind facettenreiche Tiere, die zu einem intaktem Ökosystem gehören.

Bitte gehen auch Sie daher bewusst mit der Sprache um, informieren Sie sich und helfen Sie durch Aufklärung dabei, Hürden und Vorurteile abzubauen. Das gilt ebenfalls im Umgang mit rassistischem oder sexistischem Sprachgebrauch. Denn am Ende sind alle Lebewesen gleich viel wert, egal, welcher Art sie angehören oder wie die Beschaffenheit ihres Körpers aussieht.

Mehr Beispiele zu speziesistischer Sprache im Alltag

Die Problematik vieler Redewendungen fällt uns im Alltag gar nicht mehr auf. Umso wichtiger ist es, einen bewussteren Blick auf unseren Sprachgebrauch zu werfen und diesen bewusst zu hinterfragen. Mehr speziesistische und damit tierfeindliche Redewendungen und wie wir diese tierfreundlich ersetzen können, lesen Sie hier.