Zertifizierte Wolle – dieses Tierleid steckt wirklich dahinter

Immer mehr Standards und Zertifikate versprechen Unternehmen und Konsument:innen einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren für Produkte wie Schafwolle oder Kaschmir, darunter beispielsweise „Responsible Wool Standard“ oder „The Good Cashmere Standard“. Doch die Zertifizierung von Wolle dient nicht dazu, Tiere vor Leid und Missbrauch zu bewahren, sondern das Gewissen von Unternehmen und Verbraucher:innen zu beruhigen.

Die meisten „Tierwohl-Label“ wurden eingeführt, nachdem Enthüllungen von PETA die qualvolle Realität von Tieren in der Wollindustrie ans Tageslicht brachten. In diesem Beitrag blicken wir hinter die Fassade einiger Wollzertifikate und zeigen auf, weshalb Tiere auch für Produkte mit diesen Zertifikaten verstümmelt, verletzt und in Angst und Panik versetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

„Tierwohl-Label“ für Wolle schützen nicht vor Tierleid

Es gibt keine tierfreundliche Wolle. Bitte lassen Sie sich von Labels wie den folgenden nicht in die Irre führen:

  • Responsible Wool Standard (RWS)
  • Responsible Mohair (RMS)
  • The Responsible Alpaca Standard (RAS)
  • Sustainable Fiber Alliance’s Cashmere Standard (SFA)
  • THE GOOD CASHMERE STANDARD® (GCS)
  • ZQ Merino
  • CaregoraTM
Zertifizierungslabel fuer Wolle

Mit mehr als 18 Enthüllungsberichten aus über 170 Betrieben auf 4 Kontinenten konnten wir bis heute die systematischen Grausamkeiten gegenüber Schafen, Ziegen, Alpakas und Angorakaninchen in der globalen Wollindustrie aufdecken. Unter anderem ist es uns mehrfach gelungen, Grausamkeiten in Schurbetrieben aufzudecken, die zum damaligen Zeitpunkt mit dem Outdoor-Spezialisten Patagonia in Verbindung standen. Obgleich das Unternehmen behauptet, die strengsten Wollstandards der Welt zu erfüllen, ist es nicht in der Lage, „verantwortungsvolle“ Lieferanten zu finden.

Johanna Fuoß, PETA-Expertin für Tiere in der Wollindustrie

Blutige Schnittwunden und ausgerissenes Kaschmir

Wer Wolle mit einem Friseurbesuch vergleicht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass Schafe, Kaninchen, Alpakas und Ziegen Fluchttiere sind, die uns ihre Haare nicht freiwillig geben. Auch für zertifizierte Wolle werden die Tiere während der Schur gewaltsam fixiert, und Schnittwunden gehören zum Schuralltag. Selbst bei schwerwiegenden Verletzungen verlangen die meisten Zertifizierungsunternehmen nicht zwingend, dass die Tiere mit Schmerzmitteln behandelt werden. [1,2,3,4,5]

Aufnahmen in Wollproduktion
Symbolbild
ziege wird geqaelt
Symbolbild
Foto: PETA Asia
Verletzte Schafe von der Schur
Symbolbild
Foto: PETA Asia
Kaschmierziege wird geschoren und schreit dabei
Symbolbild
Foto: PETA Asia
ziege wird gehäutet
Symbolbild
Foto: PETA Asia

Das Fesseln der Beine von Ziegen oder das Festbinden an Streckbänken ist bei fast jeder zertifizierten Wolle erlaubt und wird routinemäßig während der Schur von Alpakas, Ziegen und Angorakaninchen durchgeführt. [ 3,4,5,8,9] Selbst das gewaltsame Ausreißen des Fells wird bei zertifiziertem Kaschmir toleriert. Den Produzent:innen wird für zertifiziertes Kaschmir lediglich „empfohlen“, das Fell der Tiere zu scheren. [4,5] Da ausgerissenes Fell jedoch als qualitativ hochwertiger gilt als geschorenes Kaschmir und diese Methode in vielen Regionen verbreitet ist, gibt es für die Produzent:innen keinerlei Anreiz, sich an diese Empfehlung zu halten.

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Schaf blutet bei der Schur

Schafe in Schottland während der Schur misshandelt

Schaf blutet bei der Schur

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Schafe in der Wollindustrie

Argentinische Wollfarm verstümmelt und tritt Lämmer

Person schert ein Schaf

Video: Blutende Schafe bei der Schur in Australien

Qualvolle Standardprozeduren auch bei zertifizierter Wolle

Neben den Qualen der Schur sind grausame Standardeingriffe in der gesamten Tierhaltung verbreitet und werden in der Regel auch für zertifizierte Wolle an Schafen, Ziegen und Alpakas durchgeführt. Selbst extrem schmerzhafte Eingriffe wie die betäubungslose Kastration werden den Tieren meist auch für zertifizierte Wolle zugefügt. In der Regel werden hierfür nicht einmal Schmerzmittel verpflichtend vorgeschrieben.

Die Schwanzwirbel von Schafen dürfen beim RWS weiterhin abgetrennt werden, und der RMS erlaubt es, dass Ziegen unter Schmerzen die Hörner gekürzt werden. [1, 2] Zur Kennzeichnung werden die Ohren vieler Lämmer und Ziegen schmerzhaft verstümmelt. Dem ahnungslosen Verbraucher:innen werden diese Grausamkeiten anschließend mit Werbebegriffen wie „verantwortungsvoll“ oder „ethisch produziert“ als tierfreundlich verkauft – sogenanntes Humane Washing.

Werkzeuge fuer die Entfernung von Schwaenzen bei Schafen
Symbolbild. Mit Werkzeugen wie diesen werden die Ohren von Schafen durchtrennt und ihre Schwänze entfernt.

Unspezifische und vage Kriterien

Fast alle Zertifikate haben gemeinsam, dass die Haltungsbedingungen der Tiere und deren Behandlung durch Mitarbeiter:innen nicht klar geregelt sind. Häufig kommen unspezifische Begriffe wie „routinemäßig“ oder „regelmäßig“ zum Einsatz. Beispielsweise erlaubt der RWS die Elektroejakulation, solange diese nicht „routinemäßig“ angewendet wird. [1] Bei diesem für Tiere stressigen und schmerzhaften Eingriff wird männlichen Schafen eine Elektrosonde ins Rektum eingeführt und die Ejakulation durch elektronische Impulse erzwungen. 

Derartige Eingriffe sollten keinem einzigen Lebewesen zugefügt werden. Einige Zertifizierungen wie ZQ Merino sind zudem äußert intransparent, da keine öffentlich einsehbaren Vorgaben zu den Haltungsbedingungen der Tiere existieren. Dennoch wirbt ZQ mit Produkten, für die Tiere „human“ behandelt werden. [6] Was das Unternehmen darunter versteht, bleibt für Konsument:innen ein undurchschaubares Geheimnis.

So gut wie alle Zertifizierungen der Wollindustrie haben letztendlich gemeinsam, dass Tiere auch für diese Produkte unter systematischen Misshandlungen leiden. Dazu zählen beispielsweise die Haltung hunderter oder tausender Tiere auf engstem Raum, qualvolle Lebendtransporte oder schmerzhafte Standardeingriffe wie die betäubungslose Kastration. Sobald die Fellqualität der Tiere nachlässt, werden sie so gut wie immer gewaltsam getötet.

Eingepferchte Schafe in der Wollindustrie
Symbolbild. Auch bei zertifizierter Wolle werden Tiere „ausgenutzt“, um daraus menschliche Bekleidung herzustellen.

Unzureichende Kontrolle der Tierhaltung für zertifizierte Wolle

Die Einhaltung der ohnehin unzureichenden Kriterien lässt sich zudem kaum kontrollieren. Im schlimmsten Fall werden zertifizierte Betriebe nur einmal alle drei Jahre kontrolliert, im besten Fall einmal im Jahr. Zudem wird oftmals nur stichprobenartig oder nach Risikoanalysen kontrolliert, wodurch es möglich ist, dass einzelne Betriebe niemals vor Ort begutachtet werden. Kontrollbesuche – sogenannte Audits – werden außerdem so gut wie immer angekündigt.

Auch bei „unangekündigten Audits“ können die Tierhalter bis zu 24 Stunden im Vorfeld informiert werden. Das bietet ihnen genug Zeit, um kranke und verletzte Tiere auszusortieren, den Betrieb auf Vordermann zu bringen und Angestellte über die anstehende Kontrolle zu informieren. Auditor:innen können daher niemals einen realen Einblick dahingehend erhalten, wie im Alltag mit den Tieren umgegangen wird und ob alle Kriterien eingehalten werden.

Qualvoller Tod im Schlachthof oder auf Hinterhöfen

Häufig enden die Kontrollen zum „Tierwohl“ an den Toren von Auktionshäusern und Schlachthöfen. Dabei werden die Tiere vorwiegend für die Nutzung ihres Fells gezüchtet, ein früher, gewaltsamer Tod ist Teil des Geschäftsmodells Wolle. Während des Transports und der Tötung im Schlachthof ist das Risiko von Misshandlungen und massivem Leid häufig besonders groß. Zertifizierte Wolle kann zudem nicht verhindern, dass Tiere nach Auktionen tagelangen, qualvollen Lebendexporten auf Schiffen oder LKW ausgesetzt sind.

In vielen Produktionsländern werden Tiere in Hinterhöfen brutal getötet, und nicht alle Schlachthöfe sind reguliert, wodurch viele Tiere ohne Betäubung getötet werden. Videoaufnahmen von PETA zeigen Arbeiter:innen, die versuchen, Kaschmirziegen durch Hammerschläge auf den Kopf bewusstlos zu prügeln, bevor sie ihnen mit einem Messer die Kehle durchtrennen. In den Vorgaben des Kaschmir-Standards der Sustainable Fibre Alliance ist keine Sanktionierung vorgesehen, wenn von dieser Betäubungsmethode Gebrauch gemacht wird. Die Betäubung mittels stumpfer Gewalteinwirkung ist laut der Richtlinie nicht einmal verboten. [4]

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Gekoepftes Schaf

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Totes Schaf liegt am Boden

Wolle aus den USA: Schafe verstümmelt und getötet

laemmer

Lämmer lebendig gehäutet für „nachhaltige Wolle“

Verletzte Schafe von der Schur
Symbolbild

Chile: Schafe für Wolle lebendig gehäutet

CaregoraTM – so sinnlos ist das „Tierschutzlabel“ für Angorawolle

Obwohl Kaninchen für die Produktion von Angorawolle weltweit überwiegend in winzige Käfige eingesperrt werden und bei der Schur schlimmste Qualen bis hin zu Schockstarre und Tod erleiden, hat „NATURFASERN michael dal grande“ das Label CaregoraTM eingeführt und verspricht  tierfreundlich produzierte Angorawolle. Das Label ist extrem intransparent und verweist lediglich darauf, dass die Herkunft der Angorawolle auf Grundlage des Europäischen Standards für Tierhaltung und dem „Animal Welfare Code of Recommendations“ des britischen Landwirtschaftsministeriums DEFRA basiert. [8,9] Beide Werke enthalten sehr niedrige und unspezifische Ansprüche an die Tierhaltung, unter denen ein tiergerechtes Leben für Kaninchen nicht möglich ist.

Die Haltung von Kaninchen ist nach diesen Kriterien vergleichbar mit den Bedingungen auf Pelzfarmen. Die Tiere können isoliert von ihren Artgenossen in winzige Käfige von 0,18 m² Fläche eingesperrt werden – das ist kleiner als ein DIN-A2-Papier. CaregoraTM hält diese Haltungsform für die sozialen und bewegungsfreudigen Kaninchen offensichtlich für „artegerecht“. [7] Utopische Werbeversprechen von Handelspartnern wie „Die Hasen dürfen bei der Schur weder fixiert noch angebunden werden“ zeigen eindeutig, dass CaregoraTM reine Täuschung von Verbraucher:innen ist. [10] Kaninchen sind Fluchttiere. Es ist kaum möglich, sie zu scheren oder ihnen das Fell aus dem Körper zu reißen, ohne sie zu fixieren.

Diese Bilder entstanden auf Betrieben, deren Angorawolle unter dem Begriff „artgerecht“ gehandelt wurde.

Person schneidet Angorakaninchen das Fell ab
Ausgerupftes Angorakaninchen im Kaefig.
Erschoepftes Angorakaninchen
Angorakaninchen in Kaefigen
Angorakaninchen im Kaefig

Tiere in der Wollindustrie sind fast immer Qualzuchten

Ob zertifiziert oder nicht: Fast alle Tiere in der Wollindustrie sind Qualzuchten. Wollschafe, Angoraziegen, Angorakaninchen und Alpakas haben keinen natürlichen Fellwechsel mehr, da dieser für eine produktivere Wollausbeute weggezüchtet wurde. Das führt jedoch zu einem Teufelskreis für die Tiere, denn sie können ihre Körpertemperatur nicht mehr eigenständig regulieren. Sie sind in ihrem Wohlbefinden nun vom Menschen abhängig und müssen geschoren werden, um nicht unter der Wolllast zu schwitzen, an Parasiten zu erkranken oder gar an einem Hitzschlag zu sterben.

Gleichzeitig ist die Schur für sie mit Stress, Panik und Gewalt verbunden. Mit dem Kauf von Wolle tragen Verbraucher dazu bei, dass Wollproduzent:innen immer wieder neue überzüchtete Tiere in die Welt setzen, die ohne menschliche Eingriffe nicht mehr überlebensfähig sind. An diesem grausamen Eingriff in die Natur wird kein Zertifikat der Welt etwas ändern.

Person schert Schaf am Boden
Symbolbild. Die zwangsgebunde regelmäßige Schur bedeutet puren Stress für die Tiere.

Was Sie für die Tiere tun können

Mit Zertifizierungen will sich die Wollindustrie einen humanen Anstrich verleihen und ihren Kund:innen ein gutes Gewissen verkaufen. Doch es gibt schlichtweg keine tierfreundliche Wolle.

  • Lassen Sie sich nicht in die Irre führen, sondern helfen Sie den Tieren, indem Sie Wolle konsequent im Regal liegen lassen.
  • Greifen Sie stattdessen zu einer Vielzahl an veganen Woll-Alternativen. So schützen Sie Millionen Tiere vor Schnittverletzungen, Misshandlungen und einem gewaltsamen Tod.
  • Zudem können Sie mit unseren kostenlosen Demopaketen ganz einfach für Tiere in der Wollindustrie aktiv werden.