Hunde in Rumänien: Alles über die Not der Straßenhunde

Noch immer leben zahlreiche Tiere auf der Straße: Laut einer umfassenden Analyse von Tierschutzexpert:innen zu heimatlosen „Haustieren“ gibt es allein in 20 untersuchten Ländern schätzungsweise fast 362 Millionen heimatlose Hunde und Katzen. [1]

Heimatlose Hunde in Rumänien haben ein besonders hartes Los, denn der Staat fördert nicht nur ihren Fang, sondern auch ihre Tötung. Während die grausame Catch-&-Kill-Industrie floriert, unterstützt der Staat tiergerechte und nachhaltige Lösungen trotz sichtbarer Erfolge nicht ausreichend. Die Corona-Pandemie verstärkt das Leid der Hunde.

PETA HELPS ROMANIA hilft Straßenhunden

Wir von PETA Deutschland fordern ein sofortiges Ende der grausamen Hundetötungen und die Einführung eines flächendeckenden Kastrationsprogrammes. Mit unserer Kampagne PETA HELPS ROMANIA leisten wir vor Ort intensive politische Arbeit, um eines Tages ein flächendeckendes ethisches Management der heimatlosen Hunde zu etablieren.

Vor Ort bieten wir Tierrechtsunterricht an, an dem Tausende Kinder jedes Jahr teilnehmen. Ergänzend helfen wir karitativ: Das Team in Rumänien versorgt mehr als 8.000 Tiere im Jahr. Wir kastrieren, operieren und ermöglichen dringend benötigte medizinische Hilfe. Zudem versorgen wir Tausende Tiere mit Nahrung, Wasser und anderen lebensnotwendigen Spenden.

TV Interview
Klassenzimmer
Kastration eines Tieres
Eduxanima
Hund mit Futternapf
Frau streichelt Strassenhunde

Wie leben Straßenhunde in Rumänien?

In Rumänien leben viele der rund 20 Millionen Menschen nach wie vor am Existenzminimum. Tiere haben es noch schwerer – vor allem sogenannte Straßenhunde ohne Anschluss an eine menschliche Familie und deren Schutz erwartet ein Alltag in Angst und Qual. Aber auch Hunde mit Familienanschluss führen ein entbehrungsreiches Leben: zumeist kurz angekettet, mangelhaft ernährt und mit zu wenig medizinischer Versorgung. Zudem sind die meisten Hunde – trotz einer gesetzlichen Kastrationspflicht – weiterhin zeugungsfähig. So werden jedes Jahr viele Tausend Jungtiere geboren, die niemand haben will. Das Gleiche gilt für Katzen, für die es jedoch keine Kastrationspflicht gibt.

Seit dem Erlass eines „Tötungsgesetzes“ in 2014 lässt sich mit der Tötung der Hunde viel Geld durch die ausgesetzten Prämien verdienen. Anlass des Gesetzes war der tragische Tod eines kleinen Jungen gewesen, der nach einem zweifelhaften „Beißvorfall“ starb.

Strassenhunde in Rumaenien
Neben ausgewachsenen Hunde werden viele Welpen mutterlos auf der Straße aufgefunden.

Was passiert mit Straßenhunden in Rumänien?

In Rumänien gibt es etwa 170 staatliche Tierheime, die fast alle Orte des Grauens sind. Fast alle Einrichtungen fangen heimatlose Hunde ein, viele töten die Tiere. Dies geschieht im Auftrag der Gemeinden, denn die Zahl der Straßenhunde ist auf gleichbleibend hohem Niveau. Obwohl zumeist öffentliche Gelder für die „Verwaltung und Tötung“ von Hunden bereitgestellt werden, wird das Budget häufig nicht genutzt. Viele Hunde verhungern, werden teils erschossen, erhängt oder brutal erschlagen.

Laut einer Pressemitteilung [2] sollen seit Erlass des Gesetzes allein in Bukarest über 50.000 Straßenhunde eingefangen und 30.000 von ihnen „eingeschläfert“ worden sein. Wie viele Hunde tatsächlich auf Bukarests Straßen unterwegs waren und sind, wie viele tatsächlich gefangen und getötet wurden – und auf welche Art –, weiß niemand. Die gesetzlich vorgeschriebenen Zählungen der Streunerpopulationen haben nie ausreichend stattgefunden. Staatliche Tierheime erfassen nur die Zahlen der Tiere, die sie einfangen und gegebenenfalls töten, vermitteln oder die aus anderen Gründen sterben.

Was ist ein „Shelter“ in Rumänien?

Staatliche Tierheime in Rumänien, die als „gut“ gelten, zeichnen ein katastrophales Bild. Zahlreiche Hunde sind krank und werden nicht behandelt, sie erhalten falsche oder manchmal auch tagelang gar keine Nahrung – viele Tiere verhungern, noch bevor sie getötet werden. Auch werden die Hunde in den Tierheimen trotz gesetzlicher Vorgabe oft nicht kastriert und vermehren sich unkontrolliert weiter.

Das Prinzip des Tierheims nach westeuropäischem Vorbild kann in Ländern wie Rumänien nicht funktionieren, da die Vermittlungsrate von Tieren dort sehr gering ist. Wer innerhalb Rumäniens einen ehemaligen Straßenhund aus einem Shelter aufnehmen möchte, muss seine gesamte Privatsphäre offenlegen und benötigt die schriftliche Einwilligung aller Nachbar:innen. Vor nahezu jedem Grundstück leben heimatlose Hunde, viele von ihnen hätten gerne ein liebevolles Zuhause.

Hunde im Shelter Rumaenien
In Rumänien gibt es über 150 städtische Tierheime und Tötungsstationen, die von der Regierung finanziert werden.

Warum werden in Rumänien Hunde getötet?

Das „Euthanasiegesetz“ (OUG 155/2001 modifiziert durch Gesetz 258/2013) besagt unter anderem, dass alle heimatlosen Hunde eingefangen, in die staatlichen Tierheime gebracht und dort „euthanasiert“ werden können, sofern sie niemand binnen 14 Tagen adoptiert. Pro gefangenen Hund zahlt der Staat Hundefänger:innen eine Prämie von bis zu 50 Euro.

Weitere Steuergelder fließen an die Betreibenden und Veterinär:innen der staatlichen Heime. Diese erhalten für die Verwahrung, Versorgung und medizinische Betreuung bis zu 250 Euro pro Hund. Auch die Ärzt:innen und in zuletzt die „entsorgende Instanz“ der Tierkadaver verdienen an dem massiven Tierleid.

Das „System Hund“ ist sehr lukrativ

So hat sich eine grausame und höchst lukrative „Catch-&-Kill-Industrie“ in Rumänien etabliert – obwohl es tiergerechte Lösungsansätze gibt. Die von Tierschützer:innen geforderten Kastrationsprogramme verringern die Population der Straßenhunde nachhaltig – dies belegen durchgeführte Programme in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Die Kosten für Kastration, Tollwutimpfung sowie Chippen und Registrieren belaufen sich dabei auf maximal 50 Euro pro Tier.

Hundefaenger zerrt einen Hund hinter sich her
Jährlich werden viele Tausend heimatlose Hunde von städtisch beauftragten Hundefänger:innen eingefangen.

Vor welchen Hürden stehen Tierschützer:innen?

Im Juni und Juli 2014 entschieden die Appellationsgerichte in Bukarest und in Brasov, dass die Anwendungsnormen des „Euthanasiegesetzes“ verfassungswidrig sind und in ganz Rumänien nicht mehr angewendet werden dürfen. Trotz zahlreicher öffentlicher Proteste und Demonstrationen neben Hunderten Strafanzeigen an rumänische Staatsanwält:innen und Gerichte (darunter eine Klage vor dem Gericht der Europäischen Union) geht das Fangen, Quälen und Töten der Hunde jedoch weiter, da das Gesetz bis heute nicht geändert wurde.
 
Mittlerweile müssen sogar Menschen, die die Tiere beschützen wollen, oft teuer für ihre Zivilcourage bezahlen. Das „Stören“ oder „Dokumentieren“ der Fangaktionen ist in Bukarest verboten und wird mit Bußgeldern von bis zu 250 Euro geahndet. Tierschützer:innen, die die Zustände in den staatlichen Tierheimen anprangern, wird der Zugang verweigert und die Versorgung der Tiere untersagt. Seit Jahren wird in rumänischen Medien immer wieder vermittelt, dass NGOS „schlecht“ sind. Da sie sich angeblich nur für Hunde interessieren – und das, „obwohl Hunde die rumänischen Kinder töten“. Nach und nach flaut diese Art der Kommunikation jetzt schrittweise ab – man beginnt zu erkennen, dass die Hilfe benötigt wird und dass sie wichtig ist.

Kastrationen und Aufklärung könnten das Problem lösen

Die einzige Chance, das Problem der Straßenhunde in Rumänien in den Griff zu bekommen, sind gut organisierte Kastrationskampagnen und das Vermitteln von Empathie und faktischem Wissen über die Thematik. Kinder und Erwachsene vor Ort müssen verstehen, woher die Welpen kommen und wie wichtig es ist, durch Kastration weiteres Tierleid zu verhindern. Nur Wissen über die Rechte und Bedürfnisse von Tieren kann alte „Traditionen“ nach und nach aufweichen und verändern.

Infografik Hundekastration

Diese Kampagnen sind sehr kostenintensiv und müssen in jedem Dorf und jeder Stadt Stück für Stück durchgeführt werden. Statt in die „Verwaltung und Tötung“ von Hunden sollten außerdem die öffentlichen Gelder in Kastrations- und Bildungsprogramme für eine nachhaltige, tierfreundliche Lösung investiert werden, die die Anzahl der heimatlosen Hunde auch wirklich nach und nach verringert. Die bisherigen, grausamen Maßnahmen führen nur dazu, dass die Populationsdichte immer ungefähr gleichbleibend ist.

Gibt es Erfolge zu verzeichnen?

Immer mehr Anwohner:innen akzeptieren die Koexistenz mit den Straßenhunden und beginnen die Tiere zu mögen, statt sie als Ärgernis oder Bedrohung anzusehen. [3] In einigen kleinen Ortschaften sind die meisten Straßenhunde und Hunde mit Familie bereits kastriert. Sie tragen gut erkennbare Ohrmarken, leben in einem Sozialverband auf der Straße, in Vorgärten und auf Brachen. Die Tiere erfahren ein Mindestmaß an Versorgung und erhalten Speisereste als Nahrung.

  • Zudem erlebt das Team sehr viel Veränderung durch Kinder. Was sie im Unterricht lernen, nehmen sie mit nach Hause in den Familienverband und informieren auch Eltern und Großeltern.
  • PETA und unser Partner Eduxanima bringen die Tierqual an die Öffentlichkeit und sorgen dafür, dass diese bestraft wird. So wird Schritt für Schritt die Wahrnehmung der Menschen verändert und der Stellenwert von Tieren verbessert.

Seit dem Frühjahr 2021 gibt es in Rumänien eine Tierschutzpolizei. Das bedeutet nicht, dass von heute auf morgen alle Probleme gelöst sind. Aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. PETA und Eduxanima arbeiten eng mit dieser Behörde und den Mitarbeiter:innenn zusammen, um mehr Tieren zu helfen.

Schulunterricht
TV Interview
Mann verpflegt Hunde
Frau streichelt Strassenhunde

130.000 Unterschriften gegen Hundetötung

In Gesprächen mit Vertreter:innen der Politik und Behörden machen wir auf unsere Kastrations- und Bildungskampagne und unsere einzigartige Modelllösung in Rumänien aufmerksam. Im Oktober 2019 konnten wir unsere Petition mit über 130.000 Unterschriften gegen die Tötung von Hunden an die oberste Veterinärbehörde und das Agrarministerium in Bukarest übergeben.

Anlässlich der Übergabe hatten wir von PETA Deutschland die Möglichkeit, unsere Kampagne vorzustellen und zum gemeinsamen Handeln aufzurufen. Wir konnten den zuständigen Vertreter:innen der Behörde und des Ministeriums verdeutlichen, warum das Einfangen und Töten der Hunde keine ethisch vertretbare Lösung ist und die Population nicht langfristig verringern wird.

PETA helps Romania mit Politiker:innen
2019 übergab das Team von PETA HELPS ROMANIA unsere Petition gegen die Tötung von Hunden.

Sollte man Hunde aus Rumänien adoptieren?

Es gibt viele Gründe, einen Hund aus Rumänien zu adoptieren. Natürlich warten auch in deutschen Tierheimen Hunde auf eine zweite Chance im Leben. Wer sich dazu entscheidet, einen Vierbeiner aus dem rumänischen Tierschutz bei sich aufzunehmen, muss sich bewusst sein, dass das Tier meist direkt von der Straße oder aus einer Tötungsstation stammt. Das bedeutet, dass dieser Hund alles von der Pike auf lernen muss – oder dass manches auch nicht erlernbar sein kann: wie Autofahren, Alleinbleiben oder Grundkommandos lernen.

Wer sich nach reiflicher Überlegung für einen Hund entscheidet, sollte ihn immer adoptieren, statt zu kaufen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie geben einem Hund eine zweite Chance und gewinnen einen tierischen Freund auf Lebenszeit.

Was Sie für Hunde in Rumänien tun können

Durch Kastration und Registrierung sorgen wir für eine nachhaltige Populationskontrolle von Hunden und Katzen. Durch Spenden von Laufleinen und Nahrung und mit medizinischer Versorgung hilft unser Team von PETA HELPS ROMANIA Hunden, die auf der Straße leben, und jenen, die zwar ein Zuhause haben, aber oftmals im Freien gehalten oder nicht angemessen versorgt werden. Mit Hilfe von Bildungsmaterialien klären wir auf und vermitteln wichtiges Wissen über Tiere.

Bitte helfen Sie uns, den Tieren in Rumänien nachhaltig zu helfen.