Kaninchen sind nach Katzen und Hunden die drittbeliebtesten Haustiere in Deutschland. Sie werden gern als pflegeleichte und anspruchslose Tiere dargestellt, die als „Spielgefährten“ für Kinder geeignet seien. Doch ganz im Gegenteil: Kaninchen sind Fluchttiere, ausgesprochen sensibel und oftmals krankheitsanfällig.
Eine artgerechte Haltung der beliebten Kleintiere ist aufwändig und kompliziert – von der Ernährung bis hin zu den passenden Haltungsbedingungen. Viele von ihnen werden häufig unüberlegt angeschafft und fristen nicht selten ein langes, trauriges Dasein in einem Käfig.
Wenn Sie ein Kaninchen aufnehmen möchten oder bereits eines halten, finden Sie hier alle Informationen über die Bedürfnisse der Tiere und wie Sie eine artgerechte Haltung sicherstellen.
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Die wichtigsten Punkte zur Kaninchenhaltung:
- Die sozialen Gruppentiere dürfen keinesfalls alleine gehalten werden. Sie brauchen mindestens einen arteigenen Partner.
- Um unerwünschten Nachwuchs zu verhindern, sollten zumindest die männlichen Tiere kastriert sein.
- Kaninchen brauchen viel Platz und regelmäßig Auslauf. Bestenfalls sollte ein sicheres Gehege im Garten gestaltet werden. Andernfalls muss in der Wohnung ausreichend Platz bereitgestellt werden. Ein handelsüblicher Käfig kann nie der Lebensraum für Kaninchen sein!
- In der Innenhaltung muss die Wohnung für den täglichen Auslauf tiersicher gemacht werden. Schäden an Teppichen, Möbeln und dem gesamten Inventar sind kaum zu verhindern. Kot und Urin werden zur Reviermarkierung genutzt.
- Die Reinigung des Geheges ist ein immenser Zeitaufwand, der über Jahre hinweg ständig und täglich notwendig ist.
- In guter Haltung können Kaninchen zehn Jahre oder älter werden – vor der Aufnahme eines Tieres muss sichergestellt sein, dass die Haltung der Kaninchen über diesen langen Zeitraum gewährleistet ist.
- Kaninchen sind keine Kuscheltiere, sondern Fluchttiere und sollten daher nicht auf den Arm genommen werden.
- Kaninchen sind dämmerungsaktiv und verursachen in Gefangenschaft Nage-, Kratz- und Klopfgeräusche – vor allem nachts und am frühen Morgen. Dieses Verhalten muss auch in der Wohnungshaltung toleriert werden.
- Die handelsübliche Kaninchennahrung entspricht in der Regel nicht den Bedürfnissen der Tiere. Die Beschaffung artgerechter und abwechslungsreicher Nahrung ist zeitaufwendig.
- Kaninchen sind oftmals sehr krankheitsanfällig. Nimmt ein Kaninchen über mehrere Stunden kein Futter auf, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall! Ein Tierarzt ist sofort aufzusuchen.
Gruppenhaltung
Kaninchen dürfen keinesfalls alleine gehalten werden. Die sozialen Tiere sind auf artgleiche Partner angewiesen, um ihr Bedürfnis nach Sozialverhalten und Kommunikation befriedigen zu können. Weder zeitintensive Pflege noch die Gesellschaft eines Meerschweinchens können einen Kaninchenpartner ersetzen.
Aufgrund der körperlichen Überlegenheit der Kaninchen kann eine gemeinsame Haltung mitunter gefährlich für das Meerschweinchen werden.
Raumbedarf
Ein handelsüblicher Käfig kann kein Lebensraum für Kaninchen sein! Die Tiere brauchen viel Platz und Auslauf. Daher muss in der Wohnung ausreichend Raum bereitgestellt werden oder bestenfalls ein sicheres Gehege im Garten gestaltet werden, das dem Raumbedarf der bewegungsfreudigen Tiere Genüge tut. Kaninchen müssen rennen, Haken schlagen und buddeln können, täglicher Freilauf muss gegeben sein.
Wohnungshaltung
Eine tiergerechte Haltung in der Wohnung setzt ein geräumiges und interessant gestaltetes Gehege voraus. Für den täglichen zusätzlichen Auslauf sollte die Wohnung kaninchensicher aufbereitet werden. Stromkabel müssen unbedingt außer Reichweite sein, um ein Anknabbern zu verhindern. Auch Tapeten, Teppiche und alle gummiartigen Gegenstände verlocken genauso zum Knabbern wie Sträucher und Büsche im Garten. An bestimmten Zimmerpflanzen oder Plastik-Gegenständen können Kaninchen sich vergiften. In dem Gehege müssen verschiedene Ebenen sowie Versteck- und Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sein.
Da Kaninchen sehr reinlich sind, kann als Toilette ein offenes Katzenklo verwendet werden, das mit kaninchenverträglicher Streu gefüllt und täglich gereinigt werden muss. In keinem Fall darf Katzenstreu verwendet werden! Um dem Buddeln der Tiere Rechnung zu tragen, ist eine mit Sand gefüllte Buddelkiste zu empfehlen. Jedoch muss auch diese häufig gereinigt werden.
Außenhaltung
Ein großes, sicheres und witterungsgeschütztes Gehege im eigenen Garten ist für eine Kaninchengruppe die bevorzugte Haltungsmöglichkeit. Wer Kaninchen wohlwollend behandelt und ihnen im Außengehege einen ausreichend großen Freiraum, artgerechte Lebens- und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie eine attraktive „Höhle“ bietet, kann sich an ausgeglichenen, gesunden und zufriedenen Tieren erfreuen.
Auch der Witterungsschutz muss beachtet werden. Wildkaninchen graben eine schützende Höhle unter der Erde – diesem Grundbedürfnis nach Schutz vor Feind und Wetter sollten verantwortungsvolle Halter gerecht werden und eine frei zugängliche, akzeptable, geräumige „Höhle“ als Ruheort, Nacht- und Winterquartier zur Verfügung stellen, die im Sommer kälter und im Winter wärmer als die Außentemperatur ist. Vorsicht! Kaninchen können tiefe Höhlen buddeln und so eventuell aus ihrem Gehege entkommen.
Zudem muss die Anlage Schutz vor potenziellen Eindringlingen wie Fuchs, Marder, Greifvogel und Co. bieten. Auch aus diesem Grund muss das Außengehege von allen Seiten – also auch von oben und unten – gesichert sein.
Ernährung
Kaninchen sind keine Nagetiere. Ihr Verdauungssystem ist auf rohfaserreiche Gräser und andere Pflanzenteile spezialisiert. Daher sollte hochwertiges Heu immer in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, das den Großteil der Nahrung eines Kaninchens ausmacht. Besonders im Sommer erweitern frisches Gras, Wildkräuter und die Zweige von Bäumen das Nahrungsangebot. Frisches Gemüse ist ein täglicher Bestandteil der Nahrung – Obst sollte aufgrund des hohen Zuckergehalts nur gelegentlich angeboten werden.
Da Kaninchen immer Nahrung zu sich nehmen müssen, sollte die gesicherte Heuraufe stets gefüllt sein. Selbstverständlich muss auch frisches Wasser immer verfügbar sein. Wir empfehlen einen festen und schweren Wassernapf, der täglich zu reinigen ist. Die handelsüblichen Futtermischungen und Leckerlis enthalten gepresstes Getreide und oftmals Zucker. Sie sind daher in der Regel nicht auf Kaninchen abgestimmt – auch Tierärzte raten davon ab.
Das Essen des Blinddarmkots, den Kaninchen direkt vom After aufnehmen, ist für die Tiere überlebenswichtig und notwendig, um bestimmte Vitamine zu erhalten. Kaninchen sollten dabei nicht gestört werden, damit ihre Verdauung nicht außer Kontrolle gerät. Vorsicht! Welke Nahrungsreste sind sofort zu entfernen, um der sogenannten Trommelsucht, einer gefährlichen Aufgasung des Darmes der Kaninchen.
Krankheiten
Kaninchen sind für verschiedene Krankheiten, Verdauungsstörungen und Zahnprobleme anfällig. Da kranke Tiere erst spät Symptome zeigen, sollte der Halter möglichst sofort einen Tierarzt kontaktieren. Häufig handelt es sich bei einem kranken Kaninchen um einen Notfall, der schnell behandelt werden muss.
Viele Kaninchen haben aufgrund von falscher Ernährung, Zucht und genetischen Ursachen Zahnprobleme wie Schiefstellungen, die zu ernsthaften Verdauungsstörungen und Folgeerkrankungen des empfindlichen Verdauungstraktes führen können.
Kaninchen sollten regelmäßig zu tierärztlichen Routineuntersuchungen. Auch der Impfschutz muss gegeben sein: Gegen die ansteckenden Kaninchenseuchen RHD und Myxomatose empfehlen sich fristgerechte Impfungen in Absprache mit einem Tierarzt.
Tagesablauf und Jahreszeiten
Kaninchen sind dämmerungsaktiv. Der Bewegungsdrang der Tiere ist morgens und abends am stärksten, die übrige Zeit des Tages verbringen Kaninchen dagegen gern in Ruhe. Dem natürlichen Tagesablauf muss der verantwortungsvolle Halter Rechnung tragen und das Ruhebedürfnis unbedingt akzeptieren. In den späten Abendstunden hingegen sollten die Tiere die Gelegenheit zum Auslauf haben.
Da Kaninchen sehr hitzeempfindlich sind, können hochsommerliche Temperaturen mit einem tödlichen Hitzschlag enden, wenn sich die eingesperrten Tiere nicht in einen kühlen Raum zurückziehen können.
- Die empfindlichen Tiere sollten die Möglichkeit haben, sich an einen kühlen Platz zurückzuziehen.
- In Handtuch gewickelte Eiswürfel oder Kühlakkus können für zusätzliche Kühlung sorgen.
- Zugluft kann für Kaninchen gefährlich werden, da sie sich im Luftzug schnell erkälten können oder schmerzhafte Bindehautentzündungen der Augen davontragen. Daher sind ein Ventilator oder permanent weit geöffnete Fenster zur Abkühlung nicht geeignet.
- Im Außengehege ist ein gut belüfteter Unterschlupf im Schatten unerlässlich, keinesfalls dürfen die Tiere in Käfigen oder Buchten in der Sonne stehen.
- Zudem sollte die Tiere im Sommer täglich auf Fliegenmadenbefall kontrolliert werden.
Auch Minusgrade können für Kaninchen gefährlich werden. In der Außenhaltung muss eine gut isolierte Schutzhütte zur Verfügung stehen.
Hochheben
Kaninchen werden instinktiv nervös, wenn sie vom Boden hochgehoben werden. Wegen der feinen Struktur ihrer Wirbelsäule und der Kraft ihrer Beinmuskeln können sich strampelnde Kaninchen das Rückgrat brechen. Heben Sie ein Kaninchen niemals an den Ohren oder mit nur einer Hand unter dem Bauch hoch.
Kaninchen mögen nicht herumgetragen werden. Sollten Sie ein Kaninchen dennoch hochheben müssen, sorgen Sie dafür, dass Sie seine Hinterbeine und seinen Rumpf jederzeit abstützen und mit Ihrer anderen Hand seinen Brustkorb stützen.
Kaninchen und Kinder
Kaninchen sind keine geeigneten Kuscheltiere für Kinder. Die Versorgung von tierischen Mitbewohnern ist eine anspruchsvolle Aufgabe, der Kinder nie alleine gewachsen sind. Die Erwachsenen stehen in der Pflicht: Sie müssen für frische Nahrung und sauberes Wasser sorgen und mit der Reinigung und Gestaltung des Geheges ein langes Kaninchenleben garantieren – ebenso wie die tierärztliche Betreuung und die Beschäftigung der Tiere. Selbstverständlich muss für eine fachkundige Versorgung auch während der Ferien gesorgt sein.
Adoption – eine verantwortungsvolle und langfristige Aufgabe
Bitte kaufen Sie Kaninchen niemals im Zoohandel, auf Internetplattformen oder beim Züchter. Wenn Sie sich nach sorgfältiger Überlegung entschließen, einer Gruppe von Kaninchen ein Zuhause in einem bestenfalls naturbelassenen Außengehege zu bieten, besuchen Sie ein Tierheim. Hier warten viele Kleintiere auf ein neues Zuhause und eine zweite Chance im Leben.