Geduldete Tierquälerei: Zoos machen Vögel flugunfähig

Wasservögel wie Flamingos bieten Zoobesuchern auf großen Teichanlagen einen idyllischen Anblick. Das Tierleid, das dahintersteckt, dürfte allerdings nur wenigen bewusst sein: Um die Vögel auf solchen Freianlagen halten zu können und am Wegfliegen zu hindern, ist das Flugunfähigmachen einiger Vogelarten in Zoos bislang gängige Praxis. Flugunfähigmachen bedeutet, man stutzt den Vögeln regelmäßig die Flugfedern oder aber verhindert durch verschiedene dauerhafte Methoden, dass die Schwungfedern nachwachsen. Das ist grausam und in etwa so, als würde man einem gesunden Menschen die Gliedmaßen amputieren, um ihn am Laufen zu hindern. Denn die Zoos nehmen den Tieren damit die Möglichkeit, sich artspezifisch fortzubewegen. Die Eingriffe sind außerdem meist mit Stress und Schmerzen verbunden. Laut einer Schätzung von 2016 werden in deutschen Zoos und Tierparks ca. 10.000 flugunfähig gemachte Vögel gehalten [1].

Verstümmelter Flamingo – deutlich sichtbar die gekürzten Schwungfedern am linken Flügel

Verstoß gegen das Tierschutzgesetz

Das Verstümmeln von Vögeln in Zoos ist ein klarer Verstoß gegen die aktuelle Rechtslage, der allerdings weiterhin geduldet wird. Im Tierschutzgesetz heißt es:

„Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.“ (TierSchG §6, Abs. 1)

Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 1998 sind Ausnahmen hiervon nur noch im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation erlaubt. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE Linke an den Deutschen Bundestag stellte die Bundesregierung fest: „Beim routinemäßigen Flugunfähigmachen von Vögeln handelt es sich um eine zootechnische Maßnahme und nicht um eine ‚tierärztliche Indikation im Einzelfall‘. Insofern verstößt eine solche Praxis gegen das Tierschutzgesetz.“ [2]. Trotzdem werden in vielen deutschen Zoos weiterhin Vögel verstümmelt, um den Besuchern ein hautnahes Tiererlebnis bieten zu können.

Wie macht man Vögel flugunfähig?

Grundsätzlich gibt es umkehrbare oder dauerhafte Möglichkeiten, um Vögel flugunfähig zu machen. Beim sogenannten „Flügelstutzen“ werden dem Vogel die Schwungfedern an einem oder beiden Flügeln gekürzt. Da die Federn hier wieder nachwachsen, muss diese Methode nach jeder Mauser wiederholt werden. Irreversible Methoden dagegen verhindern, dass die Schwungfedern nachwachsen. Hierzu werden die Federfollikel (der Wachstumsort der Federn) chirurgisch entfernt oder durch eine Laserbehandlung zerstört. Auch eine Teilamputation am Flügelknochen („Kupieren“) wird teilweise angewandt.

Das regelmäßige Federstutzen bedeutet immer wiederkehrenden Stress beim Einfangen der Tiere – Verletzungen wie Beinbrüche sind dabei keine Seltenheit. Chirurgische Eingriffe werden meist unter Narkose durchgeführt und sind damit ebenfalls belastend und wahrscheinlich mit Wundschmerz verbunden [3]. Letztlich werden die Vögel dadurch ihr Leben lang in ihrem natürlichen Bewegungsverhalten eingeschränkt. Auch das Fluchtverhalten wird beeinträchtigt. Im Frankfurter Zoo kamen 2014 sogar 15 Flamingos ums Leben, weil sie nicht vor einem in den Zoo eingedrungenen Fuchs flüchten konnten [4]. 

Kein Entkommen – flugunfähige Flamingos im Zoo Berlin

Wie viele Tiere und welche Vogelarten sind betroffen?

Die Vogelgruppen, die besonders häufig flugunfähig gemacht werden, sind Wasservögel wie Flamingos, Pelikane oder Gänsevögel. Theoretisch gibt es rund 280 Vogelarten, die flugunfähig gehalten werden können [5]. Da es keine Dokumentations- und Meldepflichten an die Landesregierungen gibt [6], liegen keine verlässlichen Informationen darüber vor, welche Zoos das Flugunfähigmachen noch immer durchführen und wie viele Tiere betroffen sind.

Warum das alles?

Zoos sind gesetzlich dazu verpflichtet, ein Entkommen der Tiere zu verhindern. Freiflughallen aber sind teurer zu bauen, aufwändig in der Instandhaltung und bieten dem Besucher außerdem ein weniger idyllisches Bild, als die Illusion von sich (dem Anschein nach) frei bewegenden Tieren auf einer Teichanlage. Um also Baumaßnahmen zu vermeiden und den Besuchern die Vögel ansprechender zu präsentieren, wurde bei einigen Vogelarten bisher routinemäßig das Flugunfähigmachen genutzt. Damit werden das Leid der Tiere und die Einschränkung ihres natürlichen Flugverhaltens in Kauf genommen.

Gerechtfertigt wird diese Vorgehensweise der Zoos damit, dass bei einigen Vogelarten das Fliegen bei der Fortbewegung angeblich eine untergeordnete Rolle spiele [5]. Allerdings ist die Flugfähigkeit auch für Wasservogelarten ein wichtiges Grundbedürfnis, das ihnen von den Zoos einfach abgesprochen wird. Ostafrikanische Rosaflamingos beispielsweise können auf dem Weg zwischen ihrem Brutgebiet und den Nahrungsgründen in einer Nacht bis zu 640 Kilometer weit fliegen und dabei Geschwindigkeiten von bis zu 55 Stundenkilometern erreichen [7]. Auch Pelikane können große Distanzen zurücklegen und 24 Stunden ohne Pause fliegen [8]. Außerdem haben Studien gezeigt, dass die Flugfähigkeit nicht nur für die Fortbewegung eine wichtige Rolle spielt: Das Kupieren der Flügel beeinträchtigt z. B. bei Flamingos auch den Fortpflanzungserfolg, da kupierte Männchen bei der Paarung eher die Balance verlieren [9].

Fazit

Tierarten wie Flamingos und Pelikane sind in der Natur kaum bedroht und gehören nicht in Gefangenschaft. Sie werden nur als „Attraktion“ für zahlende Besucher in Zoos gehalten.Zoos scheuen meist die nötigen Kosten und Mühen, um die Vögel mit baulichen Veränderungen wie dem Überzäunen von vorhandenen Freianlagen flugfähig halten zu können. Obwohl auch den Behörden das Problem bekannt ist, ist noch immer nicht absehbar, dass die rechtswidrige Praxis des routinemäßigen Flugunfähigmachens endlich eingestellt wird.

Was Sie tun können

  • Bitte besuchen Sie keine Zoos und Tierparks.
  • Appellieren Sie an den Bundestagsabgeordneten in Ihrem Wahlkreis, sich dafür einzusetzen, dass sensible Tierarten wie Flamingos nicht mehr in Zoos gehalten werden dürfen.