Hund Pepe: Er wurde neben seinen toten Geschwistern gefunden

In vielen Ländern auf der ganzen Welt gibt es Vierbeiner in Not, die darauf angewiesen sind, dass wir Menschen ihnen helfen. Langfristige Lösungen wie nachhaltige Kastrations- und Bildungskampagnen sind unumgänglich und das Wichtigste, um das Leid tausender Tiere auf lange Sicht zu verringern. Doch was geschieht mit all den Vierbeinern, die bereits auf der Welt sind und die sich nichts mehr wünschen als ein liebevolles Zuhause?

Franzi hat sich für die Adoption eines dieser Hunde aus dem Auslandstierschutz entschieden, die keine große Chance auf eine Vermittlung hatten. Pepe war ein sogenannter Angsthund und hatte in seinen wenigen Monaten auf der Welt schon einiges mitgemacht.

Franzi, was ist mit Pepe passiert? Warum wurde nach einem neuen Zuhause für den Hund gesucht?

Pepe wurde im Winter 2018/2019 in Rumänien geboren und verbrachte vermutlich die ersten Monate seines Lebens gemeinsam mit seiner Mama und seinen Geschwistern auf der Straße. Ob die kleine Familie zum Sterben ausgesetzt wurde oder sie bereits „Straßenhunde“ waren, ist unklar.

Als Pepe samt Mutter und Bruder von einer Tierschutzorganisation gefunden wurde, war er gerade einmal ein paar Monate alt und lag neben den kurz zuvor überfahrenen Körpern seiner Geschwister. Seine Mutter und einer seiner Brüder, der ebenfalls überlebt hatte, versuchten zu diesem Zeitpunkt, Wasser aus einem zugefrorenen See ein paar Meter weiter zu trinken.

Der gesundheitliche Zustand der kleinen Familie war katastrophal; alle waren krank und mussten wochenlang medizinisch behandelt werden.

Wie kamst du dazu, Pepe zu adoptieren?

Ehrlicherweise war Pepe ein absoluter Zufall. Ich empfand es als wahnsinnig schwer, sich pauschal für ein Tier, sprich EIN LEBEN, zu entscheiden. Es fühlte sich falsch und unfair an.

Dennoch haben mein Freund und ich zuvor eine recht grobe Maximalgröße bzw. Schulterhöhe festgelegt, andere Kriterien wie das Alter oder Geschlecht gab es allerdings nicht. Gleichzeitig wurde es im Planungsprozess immer wichtiger für uns, einem Tier die Chance zu geben, das bisher wenig oder keine Interessenten hatte. Und so kamen wir auf Pepe.

Seine Mutter und sein Bruder wurden zu diesem Zeitpunkt bereits adoptiert. Beide waren wieder vollkommen gesund, zutraulich und charakterlich recht unkompliziert. Einzig Pepe war von Beginn an wahnsinnig schreckhaft Menschen gegenüber, selbst im Welpenalter – und offensichtlich wollte niemand einen Junghund adoptieren, der sich nicht anfassen lässt.

Warum war es dir wichtig, ein Tier aus dem Tierschutz aufzunehmen?

Mein Partner und ich hatten bereits seit längerer Zeit darüber gesprochen, einen Vierbeiner in unsere kleine Familie zu „holen“, jedoch wurde diese Idee erst nach unserem Umzug in eine größere Wohnung realistisch und greifbar. Da ich selbst mit einem Hund aus dem Tierschutz groß wurde, stand die Herkunftsentscheidung tatsächlich gar nicht erst zur Debatte – und auch Rumänien als potenzielles Adoptionsland kam uns sehr schnell in den Sinn. Gegenwind gab es ausschließlich aus familiären Kreisen. So wurde beispielsweise permanent hinterfragt, warum es denn unbedingt ein „vorbelasteter Hund“ aus dem Ausland sein muss. Unsere Antworten waren und sind bis heute jedoch dieselben.

Fest steht: Nirgends sind die Verhältnisse schwieriger für heimatlose Hunde (und Katzen) als in Rumänien. Innerhalb der Bevölkerung herrscht nur wenig Verständnis und Aufklärung über das Leid der Tiere, viele Familien sind sehr arm, und zahlreiche staatliche Kampagnen innerhalb der letzten Jahre führten ganz bewusst dazu, dass sogenannte Straßenhunde gefangen und getötet wurden. Von den eigentlich nötigen vorbeugenden Kastrationskampagnen, die landesweit durchgeführt werden müssten, ist bis heute nicht die Rede, außer in Tierschutzvereinen, die sich vor Ort dafür einsetzen und darum kämpfen.

Ein Großteil der Tiere in Rumänien wird schlichtweg als Objekt, Mittel zum Zweck oder Zielscheibe für Aggressionen benutzt. Vermutlich wäre, ganz pauschal gesagt, ein deutsches Tierheim für zahlreiche Vierbeiner mit einem Erholungsurlaub von der täglichen, allgegenwärtigen Grausamkeit und dem damit verbundenen Kampf ums Überleben gleichzusetzen.

Wie hat Pepe dich verändert?

Pepe hat mir in erster Linie ganz unbewusst wahnsinnig viel über mich selbst beigebracht und aufgezeigt. Durch die „vermeintlichen Entbehrungen“ im Alltag habe ich (vermutlich erstmals in meinem Leben) gelernt, ganz bewusst auch mal „NEIN“ zu sagen und somit verstanden, nicht „auf jeder Party tanzen zu müssen“ – ganz vorbehaltlos und ohne schlechtes Gewissen.

Abgesehen davon, habe ich durch die Erfahrungen mit ihm unerwartet viel über (Angst)Hunde, deren Körpersprache und Verhaltensweisen gelernt – und bin über mich selbst auf eine Art hinausgewachsen, die ich niemals für möglich gehalten hätte.

Ebenso sind mein Partner und ich durch die Adoption von Pepe zu Gründungsmitgliedern eines kleinen Berliner Vereins geworden, agieren regelmäßig als Pflegestelle für Hunde und arbeiten somit viele Stunden ehrenamtlich, um die Adoption von Tieren aus Rumänien nachhaltig zu fördern. Gleichzeitig hatte und hat Pepe somit die Chance, „alte Freunde“ aus seinem früheren Shelter wiederzusehen und endlich mal ein großer (kleiner) Bruder zu sein.

Wie geht es Pepe heute?

Als Pepe bei uns einzog, hatte ich keinen blassen Schimmer davon, wie sehr dieser kleine Fuchs unser komplettes Leben auf den Kopf stellen und gleichzeitig alles beim Alten bleiben würde. Nur besser.

Während der ersten Wochen hat Pepe weder in unserer Gegenwart Nahrung aufgenommen noch sich anfassen, geschweige denn sich angucken lassen. Er hatte panische Angst vor allem, war unsicher und sah unglaublich traurig aus. Bei seinem Anblick ist mein Herz unzählige Male gebrochen, ich war hilflos und überfordert mit dieser gigantischen Herausforderung. Doch gleichzeitig bemerkte ich von Tag eins an die immer größer werdenden Fortschritte. Allmählich, ganz langsam, begann dieses kleine Geschöpf zu vertrauen.

Aktuell, 10 Monate nach seinem Einzug, liebt Pepe es, zu schmusen. Vorzugsweise den ganzen Tag – und noch lieber ohne weitere Menschen in Sichtweite (*nur eine unserer Gemeinsamkeiten). Zudem ist er zu einem wahnsinnig fröhlichen, lebhaften und vor allem neugierigen Hund herangewachsen.

Auf fremde Menschen reagiert er noch immer mit viel Argwohn, was für mich allerdings absolut okay ist (vermutlich passt ein Hund, der sich nicht von allen „begrabbeln“ lassen möchte, nicht unbedingt in jedermanns Erwartungshorizont und wird recht schnell schlichtweg verurteilt).

Dennoch interessiert es mich offen gestanden null, ob Pepe sich jemals von meinen Freunden geschweige denn Fremden anfassen lassen wird oder nicht. Mein Wunsch ist, dass er glücklich ist und mit mir bzw. uns die Welt erkundet. Alles in seinem Tempo, und eben gerne auch ohne Menschen.

Was ist eure gemeinsame Lieblingsbeschäftigung?

Spielen bzw. wohl eher „irre toben“ – und das zur großen Freude meines Partners auf unserer weißen Couch, auf der vor wenigen Monaten sogar noch Straßenhosen verboten waren …
 
Das Allerschönste ist allerdings, dass Pepe mittlerweile auch allein und mit einem unglaublichen Enthusiasmus durch die Wohnung tobt (sein aktuelles Lebensmotto ist vermutlich etwas wie: ALLES kann MEIN Spielzeug sein).
 
*Und Mutti ist die BESTE 😉

Was Sie tun können

Rumänien ist das Land mit den meisten heimatlosen Hunden in ganz Europa. Tausende von ihnen werden Jahr für Jahr von Hundefängern gefangen und in städtischen Tierheimen und Tötungsstationen untergebracht. Um dieses Leid zu verringern, haben wir gemeinsam mit unserem Partner Eduxanima ein großes Kastrations- und Bildungsprogramm vor Ort ins Leben gerufen.

Mit einer mobilen Kastrationskampagne können wir jedes Jahr über 8.000 Tieren helfen. Mithilfe von Kastration und Registrierung sorgen wir für eine nachhaltige Populationskontrolle von Hunden und Katzen. Durch Spenden von Laufleinen und Nahrung und mit medizinischer Versorgung hilft unser Team Hunden, die auf der Straße leben, und jenen, die zwar ein Zuhause haben, aber im Freien gehalten werden.

Kinder lernen im Tierschutzunterricht an Schulen, wie wichtig es ist, Mitgefühl und Empathie für alle Lebewesen zu entwickeln. Durch Gespräche mit Politikern und lokalen Bürgermeistern wird die Kampagne auf viele weitere Orte in Rumänien ausgeweitet, denn nur so lässt sich das Leid tausender Tiere langfristig verringern. Wo immer Hilfe benötigt wird, helfen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Kräften.

Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir das Kastrationsprojekt in Rumänien weiter ausbauen können.