Neben Reptilien, Vogelspinnen und Co. boomt der Handel mit exotischen „Haustieren“ in Deutschland. Allein in den vergangenen 20 Jahren konnte ein rasanter Anstieg an privat gehaltenen exotischen Säugetieren wie Affen, Wildkatzen, aber auch Beutel- und Nagetieren verzeichnet werden, die nicht in Deutschland beheimatet sind.
Die exotischen Tiere zahlen für diese Entwicklung einen hohen Preis: Die enormen Ansprüche und komplexen Bedürfnisse können in Privathaltung hierzulande nicht erfüllt werden. Zudem hat es großen Einfluss auf den Fortbestand gefährdeter Arten und die Ökosysteme in den Herkunftsländern, wenn Tiere als Wildfänge der Natur/ihrer Heimat entrissen werden. Ein Import- und Haltungsverbot von Wildtieren ist daher dringend nötig.
Oft illegaler Handel mit Wildtieren auf Exotenportalen
Auf einschlägigen Exotenportalen floriert ein Markt, der es auch Privatpersonen ohne jede Vorkenntnis anonym und per Mausklick ermöglicht, eine erschreckende Vielfalt an exotischen Tieren zu kaufen und zu halten.
Was gibt es für exotische „Haustiere“?
In fast allen Fällen handelt es sich neben Spinnen um Reptilien wie Geckos, Bartagame, Warane und Schlangen, die meist in Terrarien gehalten werden. Doch auch Säugetiere wie verschiedene Maus-, Igel- und Affenarten werden häufig als Wildfänge ihren Heimatländern entrissen. Zu lasche Gesetze ermöglichen es, dass diese Tiere nach Deutschland importiert werden. In ihrem Herkunftsland sind sie oft geschützt und dürfen weder gefangen noch gehalten oder gehandelt werden, doch in Deutschland sind Verkauf und Haltung der geschützten Tiere häufig legal. Eine Katastrophe für die Artenvielfalt in den Ursprungsländern.
Basis für den oft illegalen Handel bieten Onlineplattformen; aber auch Zoohandlungen und Tierbörsen treiben Handel mit exotischen Tieren – und das, obwohl es in Gefangenschaft nicht möglich ist, Exoten artgerecht und ihren komplexen Bedürfnissen entsprechend zu halten.
Die folgenden zehn exotischen Tiere stehen stellvertretend für rund 300 Arten, die am häufigsten zu Ware degradiert und hierzulande in Privathand herumgereicht werden. [1]
1. Kleiner Igeltenrek
Igeltenreks oder auch Borstenigel leben fast ausschließlich in den trockenen Laub- und Dornwäldern Madagaskars. Als Einzelgänger verteidigen die Igel ihre Reviere, laufen auf der Suche nach Nahrung große Strecken und klettern mithilfe ihres Stummelschwanzes sogar Bäume empor. Es sollte selbsterklärend sein, dass es nicht möglich ist, diese Tiere in einem anderen Lebensraum abseits ihres natürlichen Verbreitungsgebietes zu halten. Da die Tiere nachtaktiv sind, bekommt man sie in Gefangenschaft kaum zu Gesicht.
2. Flughund
Die natürlichen Lebensräume der Flughunde erstrecken sich von Afrika über den Nahen Osten bis nach Indien. Die Vertreter der Fledertiere ernähren sich ausschließlich von Früchten und tragen in ihren Verbreitungsgebieten damit zur Bestäubung der Pflanzen bei. Nilflughunde werden auch nach Deutschland verkauft, wo sie als „exotische Kleinsäuger“ angepriesen werden.
Das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) empfiehlt eine Mindestgehege-Größe von 20 Quadratmetern Fläche bei 2,5 Metern Höhe – das entspricht gerade einmal der Größe eines Wohnzimmers für 15 bis 20 Tiere mit Flügelspannweiten von bis zu 60 Zentimetern [2] und zeigt die Absurdität der Gesetzeslage. Derartige Maße lassen keinerlei Raum für die Flughunde, um auch nur ansatzweise ihrem Bewegungs- und Flugbedürfnis nachkommen zu können.
3. Buschschwanz-Rennmaus und Steppenlemming
Buschschwanz-Rennmäuse sind in felsigen Gebieten rund um das Rote Meer und auf der arabischen Halbinsel beheimatet. Steppenlemminge gehören zu den Wühlmäusen und haben ihre Verbreitungsgebiete in West- und Zentralasien.
Auf Exotenplattformen werden die Tiere oftmals für weniger als 10 Euro pro Tier verramscht. Häufig müssen die Tiere dann bei völlig unerfahrenen Menschen ohne Fachkenntnisse leben, die sie nicht so halten, wie es ihren Bedürfnissen entspricht.
4. Waschbär und Südamerikanischer Nasenbär
In den 1920er-Jahren wurde der Waschbär für die Pelzindustrie nach Deutschland gebracht. Heute gilt er hierzulande als invasive Art und wird von Jäger:innen intensiv gejagt und getötet. Trotzdem halten sich immer mehr Menschen einen Waschbären als „Haustier“, obwohl die Tiere wie alle anderen exotischen Tiere nicht domestiziert sind. Für viele heimische Arten kann die Verbreitung dieser Neozoen fatale Folgen haben.
Der Südamerikanische Nasenbär steht – genau wie der Waschbär – als invasive Art seit 2016 auf der Liste nicht erwünschter Tierarten der EU. [3] Die Tiere wurden für die Haltung in Zoos eingeschleust und dort ausgebeutet; auf Mallorca gibt es wild lebende Individuen, die vermutlich ausgesetzt wurden oder aus zoologischen Gärten geflohen sind. [4]
Bei gesichteten Tieren in Deutschland soll es sich um ausgesetzte Nasenbären handeln und solche, die aus Privathaltung entkommen konnten. [4]
5. Erdmännchen
Auch Erdmännchen sind Wildtiere und können daher nicht artgerecht in Wohnzimmern gehalten werden. Trotzdem ist dies in Deutschland noch immer erlaubt. Als Scharrtiere leben sie in den trockenen Regionen Südafrikas, wo ihnen viel Erdreich und Versteckmöglichkeiten zur Verfügung stehen, um sich vor Menschen und anderen Angreifern zu schützen. Die Tiere verbringen viel Zeit unter der Erde, wo sie auch ihren Nachwuchs großziehen
Kein Gehege mit künstlich angelegtem Sandkasten kann die natürlichen Bedürfnisse dieser Tiere erfüllen, die in großen Sozialverbänden zusammenleben.
6. Lisztaffe
Lisztaffen wurden wegen ihrer ungewöhnlichen Irokesenfrisur nach dem österreichisch-ungarischen Komponisten Franz Liszt benannt. Sie leben in Gruppengrößen von drei bis neun Tieren auf bis zu zehn Hektar weiten Reviergebieten, die sie bei ihrer Nahrungssuche komplett durchstreifen. In den 1960er- und 1970er-Jahren wurden die Affen zu Tausenden gefangen und an Versuchslabore in den USA verkauft, um sie in Experimenten zu missbrauchen, die für die Tiere enormes Leid und in der Regel den Tod bedeutet haben.
Obwohl die Lisztaffen vom Aussterben bedroht sind und nur noch wenige Tausend Tiere in freier Wildbahn existieren, wurden von 2010 bis 2014 insgesamt 275 der Exoten zu Preisen von bis zu 1.250 Euro als Ware gehandelt. [1] Wem wirklich etwas an den Tieren und ihrem Wohl liegt, sollte sie niemals kaufen und bei sich zu Hause halten und dadurch das Aussterben der Tiere weiter befeuern.
7. Afrikanischer Weißbauchigel
Igel dürfen in Deutschland nicht als „Haustiere“ gehalten werden, da heimische Wildtierarten als geschützt gelten – eine Ausnahme bildet der Afrikanische Weißbauchigel. Viele Züchter:innen und Wildfänger:innen nutzen diese Gesetzeslücke schamlos aus und bieten die sensiblen Tiere auf Exotenportalen und auf Börsen zum Kauf an.
In Gefangenschaft haben Afrikanische Weißbauchigel jedoch nur eine schwindend geringe Lebensdauer, was sich auf die oft unzureichenden Haltungsbedingungen zurückführen lässt. Die Haltung der Tiere wurde vor allem durch die sozialen Medien ein tierschutzwidriger und tierquälerischer Trend. Viele Züchter:innen betreiben zudem Inzucht, was die Tiere zusätzlich krank macht, ähnlich wie bei bekannten Qualzuchten von Hunden und Katzen.
8. Chinesisches Baumstreifenhörnchen
Baumstreifenhörnchen sind die am meisten gehandelten exotischen Nagetiere in Deutschland. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet ist der asiatische Regenwald, wo sie hoch oben in den Wipfeln der Bäume leben. Als Verwandte der Streifenhörnchen, die Bodennähe bevorzugen, haben Chinesische Baumstreifenhörnchen höchste Ansprüche an ihren Lebensraum.
Um ihre Reviere abzustecken und vor Feinden zu verteidigen, markieren die Nagetiere ihr Umfeld mit geruchsintensiven Sekreten. Ihren Kot und Urin setzen die Tiere dort ab, wo es notwendig ist – ein Käfig kann dem natürlichen Bewegungsdrang der aktiven Tiere nicht im Ansatz gerecht werden. Stattdessen führt die nicht artgerechte Haltung als „Haustiere“ bei den agilen Baumstreifenhörnchen zu Stress, Leid, Verhaltensstörungen und oftmals einem frühen Tod.
9. Stinktier
Stinktiere, auch Skunks genannt, leben in Kanada und in den USA. In Deutschland werden oft immer dieselben Tiere auf einschlägigen Internetseiten hin- und hergereicht, denn es ist in Gefangenschaft nicht möglich, ihrem ausgeprägten Grabverhalten und hohen Bewegungsdrang gerecht zu werden. Noch dazu sind Skunks nachtaktiv und haben ihre aktiven Zeiten, wenn Menschen für gewöhnlich schlafen.
Außerdem ist es nach deutschem Recht nicht erlaubt, den Tieren die Analdrüsen operativ entfernen zu lassen, die das unangenehm riechende Sekret absondern, für das Stinktiere bekannt sind. [5] Eine solche operative Entfernung raubt den Tieren ihr arttypisches Verhalten und schränkt sie in ihrer Kommunikation ein. Trotzdem wurden zwischen 2010 und 2014 mehr als 400 Stinktiere auf Exotenportalen zu Preisen ab 50 Euro zum Kauf angeboten. Damit waren Stinktiere die am zweithäufigsten gehandelten Exoten in Deutschland – und sind es höchstwahrscheinlich noch immer. [1]
10. Weißbüschelaffen
Sie bilden die traurige Spitze: Mindestens 809 Weißbüschelaffen wurden zwischen 2010 und 2014 auf Onlineportalen gehandelt. Es ist leider davon auszugehen, dass sich dieser Trend ungeschmälert fortsetzt und dass inzwischen sogar noch mehr der empfindlichen Tiere ein trauriges Dasein fernab ihrer natürlichen Heimat fristen müssen – auch in deutschen Privathaushalten.
Immer wieder fallen Affen dem illegalen Handel zum Opfer, wie unsere Recherchen beweisen. Teilweise fristen sie ein Leben in viel zu kleinen Käfigen und ohne Artgenossen. Sie leiden unter Todesangst, werden fehlernährt, müssen ein Leben in Einsamkeit verbringen und werden auf Parkplätzen wie Ware von einer Hand zur anderen weitergereicht, ohne jemals die Aussicht auf ein artgerechtes, glückliches Leben zusammen mit ihren Familien zu haben.
Welche exotischen „Haustiere“ darf man in Deutschland halten?
In Deutschland dürfen fast alle exotischen Tiere auch privat gehalten werden; es gibt nur wenige Ausnahmen. Solange die Nachzucht des Tieres nachweisbar ist, können sogar Großkatzen wie Löwen und Krokodile in Privathaushalten leben. Solche laschen Gesetze befeuern die Haltung von Wildtieren in deutschen Wohnzimmern oder Gärten. Nur die Haltung von rund 33 Tierarten ist explizit verboten, darunter
- alle Walarten,
- Meeresschildkröten
- und einige Affenarten.
In einigen Bundesländern gibt es zudem ein Verbot der Haltung für gefährliche Tiere und in anderen ein Verbot für die Haltung von giftigen Tieren. haben nur 9 der 16 Bundesländer entsprechende Gesetze beschlossen – diese Regelungen müssen bundesweit ausgeweitet werden.
Die Haltung von exotischen Tieren kann niemals artgerecht sein
Ganz gleich, ob es sich um die oben genannten oder andere Tierarten wie Löwenbabys, Bären, Geparden, Wüstenfüchse, Serval-Katzen, Zwergotter oder Reptilien, Amphibien oder Fische handelt: Die Haltung exotischer Tiere in Gefangenschaft kann niemals artgerecht oder im Sinne der Tiere sein. Wer Tiere liebt, sollte dringend von dem Gedanken Abstand nehmen, ein exotisches Tier zu kaufen – egal, ob Säugetier, Reptil oder Amphibie.
Hohe Sterberaten bei Wildfängen werden von den Händler:innen von Anfang an einberechnet – zum Beispiel der Tod vieler Tiere während des leidvollen Transports nach Deutschland. Am Bestimmungsort angekommen, sind die meisten Exoten gezwungen, ein Leben unter katastrophalen hygienischen Bedingungen zu führen. Falsche Haltung und Unwissenheit führen häufig zu unerkannten Mangelerscheinungen und haltungsbedingten Krankheiten. [1] Viele Exoten sterben viel zu früh durch die Einwirkungen ihrer nicht artgerechten Umgebung.
Der Handel mit Wildtieren führt zu Pandemien
Mit jedem Kauf exotischer Tiere bei Tierhändler:innen, auf Internetportalen, Exotenbörsen, in Zoogeschäften wie Zoo Zajac in Duisburg und bei Züchter:innen tragen Privatpersonen zum Artensterben bei. Zudem erhöht der Wildtierhandel das Gesundheitsrisiko für die Allgemeinheit: Schließlich gelten der Handel mit und die Ausbeutung von Wildtieren nachweislich als Auslöser für die Entstehung und Ausbreitung von Zoonosen und Pandemien in der Vergangenheit und Gegenwart – darunter das Coronavirus, SARS, die Vogelgrippe H5N1, das Ebola-Fieber und sogar AIDS. [6]
Helfen Sie, das Leid exotischer Tiere zu beenden
- Kaufen Sie Tiere niemals bei Züchter:innen, Zoohändler:innen, auf Tierbörsen oder im Internet. Mit jedem Kauf unterstützen Sie das Artensterben und tragen dazu bei, dass immer mehr Tiere leiden.
- Tiere sind keine Ware: Geben Sie einem Tier, das in einem Tierheim sehnsüchtig auf ein neues Zuhause wartet, nach reichlicher Überlegung und mit genug Platz dafür eine zweite Chance im Leben.
- Unterschreiben Sie unsere Petition an die Bundesregierung, um endlich ein gesetzlich geregeltes Importverbot für Wildtiere zu erwirken und so zukünftige Pandemien und das Aussterben gefährdeter Arten zu verhindern.
-
Quellen
[1] Pro Wildlife (2014): Endstation Wohnzimmer, https://www.prowildlife.de/wp-content/uploads/2016/02/Endstation_Wohnzimmer_Exotische_Saeuger_2015.pdf (eingesehen am 19.09.2023)
[2] Grzimek, B. (1973): Grzimek’s animal life encycopledia. In: Agris: International Information System for the Agricultural Science and Technology.
[3] EUR Lex Access to European Union law (13.07.2016): Durchführungsverordnung (EU 2016/1141), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016R1141 (eingesehen am 19.09.2023)
[4] Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (2023): Neobiota: Roter Nasenbär (Nasua nasua), https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/tiere/190766/kurzbeschreibung (eingesehen am 22.09.2023)
[5] Tierärzte Duisburg Mühlheim (): Skunks in der tierärztlichen Praxis, http://www.xn--tierrzte-duisburg-mlheim-tbc35d.de/de/artikel/skunks-der-tieraerztlichen-praxis (eingesehen am 19.09.2023)
[6] WHO/FAO/OIE: Report of the WHO/FAO/OIE joint consultation on emerging zoonotic diseases, https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/68899/WHO_CDS_CPE_ZFK_2004.9.pdf?fbclid=IwAR2ha8hDMHV8gDJYEadsk7-lxLS84Z3kSlq3E4-zG5kaWUh1Xc5vgJhTsJ4 (eingesehen am 19.09.2023)